Die RasseSpitzerlebnisseArtikelSpitzerlebnisseMein weiter Weg zum Spitz

Germersheier Spitzgeschichten

 

Goliat oder: Wenn ich mal eine alte Dame bin …

© Text: Martina Merckel-Braun
© Fotos: Elisabeth Kring (5), Irmgard Fischer (3), Udo Greeven (1)

 

weißer Kleinspitz

 

Als Kind lebte ich in einem Ort mit dem eigentümlichen und vermutlich ziemlich einzigartigen Namen „Heidenoldendorf“. Wenn man einen Brief schrieb, vervollständigte man den Absender durch den hilfreichen Zusatz „Heidenoldendorf bei Detmold“ – ein Ort, mit dem die meisten Zeitgenossen vermutlich etwas mehr anfangen konnten. In den 60er Jahren, in denen ich aufwuchs, gab es in unserem Dorf noch nicht allzu viele Autos.

 

Aber leider wurde unsere Schäferhündin, als sie einmal läufig war und mit einem verliebten Spitz aus der Nachbarschaft die Gegend unsicher machte,  von einem dieser wenigen Exemplare überfahren, das ausgerechnet in dem Moment die Straße passierte, als die beiden Hunde sie überqueren wollten. Wie man mir später berichtete, blieb der kleine weiße Spitz danach neben seiner toten Gefährtin sitzen und bewachte den Leichnam, so dass es für Stunden unmöglich war, die Straße wieder freizuräumen.

Dieser traurige Vorfall hatte sich ereignet, als ich noch sehr klein war, so dass ich nur vom Hörensagen davon wusste. Der kleine Spitz jedoch lebte danach noch viele Jahre im Nachbargehöft, und ich erinnere mich, dass ich ihn immer mit einer Art scheuer Ehrfurcht und dem Gedanken betrachtete: „Das ist der Bürschi, mit dem die Ada weggelaufen ist und der seine tote Freundin so lieb hatte, dass er niemanden an sie herangelassen hat.“

 

Später lernte ich in der Nachbarschaft noch zwei weitere Spitze kennen. Da meine Eltern keinen Fernseher besaßen, ging ich manchmal mit einigen Nachbarskindern zu einer Freundin, deren Eltern solch eine Wunderkiste im Wohnzimmer stehen hatten. Dort verbrachten wir dann einen herrlichen Nachmittag damit, Fury, Lassie oder Flipper anzuschauen. Und im Haus dieser Freundin lebte ebenfalls ein kleiner Spitz, Sherry, der rabenschwarz war und über eine – vorsichtig ausgedrückt – sehr durchdringende Stimme verfügte, von der er reichlich Gebrauch machte.

 

schwarzer Kleinspitz 02

 
 

Der Onkel einer anderen Freundin nannte eine weiße Spitzin mit dem edlen Namen Tosca sein Eigen. Ihre Aufgabe bestand darin, die Brikett- und Koksvorräte ihres Besitzers zu bewachen, der Kohlenhändler war. Wie die kleine Hündin es schaffte, sich in diesem Umfeld ihre blütenweiße Farbe zu bewahren, war für mich ein Phänomen, dass ich mir kaum erklären konnte. Bis ich eines Tages selbst … aber ich will nicht zu viel verraten und die Geschichte schön der Reihe nach erzählen.

 

nicht mehr ganz weiße Kleinspitze

 

Als ich größer wurde, durfte ich mit meinen Eltern samstags öfter „in die Stadt“ fahren, also in das nahe gelegene Detmold, wo wir dann Einkäufe erledigten, Kleider in die Reinigung und Schuhe zum Schuster brachten und über den Markt bummelten. Beim Metzger erhielt ich ein Stückchen Wurst, im Reformhaus ein Päckchen Haselmarkt, und der krönende Abschluss bestand meist darin, dass wir uns im „Café Wortmann“ mit meiner Patentante zum Kaffeetrinken trafen. Wo ich dann ein Stück lippischen Butterkuchen oder ein kleine Eis spendiert bekam, den Kellner mit den Worten „Herr Ober, der Papi möchte zahlen“ an unseren Tisch bat … und zuvor reichlich Gelegenheit hatte, elegant gekleidete ältere Damen zu beobachten, die mit ihren Freundinnen Torte verzehrten und dabei dem einen oder anderen Spitzchen, das geduldig unter dem Tisch oder auf einem Stuhl wartete, ein paar Krümel zusteckten. Und irgendwann während dieser Zeit formte sich in meinem Inneren ein Gedanke – oder solle ich sagen, ein Entschluss? - : Wenn ich mal eine alte Dame bin, will ich einen Spitz haben. Ich stellte mir vor, wie ich eines Tages mit solch einem kleinen Gefährten auf dem Sofa sitzen, im Auto fahren und im Park spazieren gehen würde … Und dieser Gedanke , der keine unmittelbare Aktion verlangte, sondern einfach wie eine leise Hintergrundmusik irgendwo in meinem Kopf vorhanden war, begleitete mich von da an mein Leben lang.

Neue Nahrung bekam dieser Wunsch, als ich mit meinen Eltern Urlaub im Bayerischen Wald machte. Dort lebte in der Nähe unsere Pension auf einem Bauernhof ein kleiner weißer Spitz, der offiziell Max hieß, von seinen Besitzern Zamperl genannt wurde und den wir – in Erinnerung an unseren ehemaligen Nachbarshund - Bürschi riefen. Was wir immer dann taten, wenn wir mit dem Auto an „seinem“ Gehöft vorbei- fuhren, anhielten und ihm ein Restchen von unserem Frühstück oder Vesperbrot anboten, das wir eigens für ihn beiseite gelegt hatten.

Spitz mit Schäferhund
 

Bald kannte Bürschi unser Auto so gut, dass er jedes Mal angerannt kam, wenn wir uns näherten. Der kleine Kerl hatte nur dreieinhalb Beine – vermutlich hatte er sein linkes Hinterbeinchen zur Hälfte im Rahmen seiner verantwortungsvollen und nicht ungefährlichen Aufgaben als Bauernhofspitz eingebüßt. Trotz dieser Behinderung war er jedoch unglaublich schnell und ein eindrückliches Beispiel dafür, dass man  im Leben am besten zurechtkommt, wenn man die Tatsachen akzeptiert und einfach das Beste daraus macht. Eines Tages fuhren wir gerade an seinem Gehöft vorbei, als der Kleine in einem Waschzuber saß und gebadet und geschoren wurde – dieses Maß an Pflege und Fürsorge wurde ihm offenbar trotz seines rauhen Landlebens gelegentlich zuteil. Allen zornigen Befehle seines Herrchens zum Trotz sprang der kleine Bursche, sobald er unser Auto gehört hatte, aus seiner Badewanne und rannte halb geschoren und gänzlich schaumbedeckt auf uns zu, um sich sein Leckerchen abzuholen – ein so spaßiges Bild, dass ich es sicher nie vergessen werde. Und eine weitere Bestätigung für die schlichte Wahrheit, dass Spitze ihren Namen zu Recht bekommen haben – weil sie nämlich einfach spitze sind.



Kleinspitz orangeSpäter in meinem Leben gab es verschiedene Hunde mehrerer Rassen, die ich alle auf ihre Art liebte – zuletzt eine ganz liebe, treue Schäferhündin, die wir kauften, als unsere jüngste Tochter 6 Jahre alt war.  Elsa war der bravste Hund, den ich je gekannt habe, und hat in ihrem ganzen Leben keinen einzigen Menschen auch nur angeknurrt.
 

Als sie 10 Jahre alt war, wurde sie sehr krank, und ich war mir sicher, dass sie den Umzug in ein eigenes Haus, der uns damals bevorstand, nicht miterleben würde. Mein Mann jedoch sagte immer wieder beschwörend zu ihr: „Du wirst wieder gesund und ziehst mit uns um. Dann hast du einen eigenen Garten, in dem du Löcher buddeln kannst.“ Wenn ich das hörte und sie ihn dabei so vertrauensvoll anschaute, dachte ich traurig: „Ja, rede du nur, es wird doch nicht geschehen.“ 

Normalerweise bin ich wie die meisten anderen Menschen jemand, der gern Recht behält – aber dies war einer der Fälle, in denen ich lieber Unrecht gehabt hätte. Und es kam wirklich so, wie mein Mann es Elsa zugesichert hatte: Sie wurde wieder gesund, zog mit uns um und freute sich noch 2 Jahre lang an ihrem eigenen Garten und den Löchern, mit denen sie ihn voller Begeisterung verzierte.

Als wir in das neue Haus einzogen, benötigten wir auch eine Kücheneinrichtung, und so fuhren wir eines Tages zu einem Händler im Nachbarort, der gebrauchte Küchen verkaufte und ein großes Lager besaß, in dem man sie anschauen konnte.  Vor der Werkstatt, in der die elektrischen Geräte aus zweiter Hand repariert wurden, war ein kleiner rötlichbrauner Hund angebunden, dessen geringe Körpergröße ihn nicht davon abhielt, das ihm anvertraute Gerätelager leidenschaftlich und unter Einsatz seines gesamten Stimmvolumens gegen uns ungebetene Eindringlinge zu verteidigen. Natürlich war dieser mutige Bursche – wie könnte es anders sein? – ein Spitz.

Mein Mann Gerhard ließ sich von seinem wütenden Gehabe, hinter dem er wohl ein sanftmütiges Herz vermutete, nicht abschrecken, ging auf das putzige Kerlchen zu und hielt ihm die Hand hin. Der Kleine ging auf  sein Friedensangebot ein und beschnupperte die ihm dargebotene Hand ausgiebig. Nachdem sein Geruchssinn und seine Menschenkenntnis ihm mitgeteilt hatten, dass von uns keine Bedrohung ausging, rollte er sich auf den Rücken, streckte die Beinchen in die Luft und ließ sich kraulen. Als wir uns bei dem mittlerweile aufgetauchten Besitzer des Hundes nach dessen Namen erkundigten, erhielten wir die Auskunft: „Er heißt Goliat.“ Worüber wir dann doch ein wenig schmunzeln mussten.
Wir fanden eine schöne Küche, und nachdem wir handelseinig geworden waren und wieder zu unserm Auto zurückgingen, sagte Gerhard zu mir: „Wenn unsere Elsa mal nicht mehr lebt, holen wir uns auch so einen Goliat!“

   
 

schwarzer Kleinspitz 03

 

schwarzer Kleinspitz 04

 

Er selbst maß diesem Satz, den er so im Vorübergehen ausgesprochen hatte, wohl keine tiefere Bedeutung bei – ich jedoch vergaß seine Worte nie. Denn sie bestätigten den Wunsch, den ich von Kind an gehegt hatte, und ich wusste: Eines Tages holen wir uns auch so einen Goliat.

 

Wie der Traum von einem Spitz für Frau Merckel-Braun weiter ging, ob sie einen Spitz bekam oder nicht, erfahren Sie in der nächsten “Germersheimer Spitzgeschichte”

Fünf Frauen und ein Welpe

Weitere Erlebnisse aus der Reihe “Germersheimer Spitzgeschichten” sind in Vorbereitung.

 

 

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